Zürich - eine Liebeserklärung II

Wie das so ist, wenn man im Begriff ist, etwas zu verlassen, fallen einem plötzlich all die einmaligen und unersetzlichen Dinge ein, die nicht mehr sein werden. In meinem sommerlichen Zürich zum Beispiel die Nachmittagssiesta auf einem Bänkli im Alten Botanischen Garten unter ehrwürdig mächtigen Bäumen, durch deren Blätter die Sonne giraffenähnliche Schattenmuster auf den unebenen Boden wirft, während mir die Sandsteinquader der Mauer den Rücken wärmen und weit unten ruhig und dunkelgrün der Schanzengraben dahinfliesst. Oder das Eintauchen ins urbane Leben im Arboretum, wo zwischen Sonnenanbetern, Frisbee- und Fußballspielern auf der Wiese kaum ein Fleck grün mehr sichtbar ist. Der Verkehr rauscht im Hintergrund vorbei, irgendwo wummert ein Radio und aus mehreren tragbaren Grills steigt Rauch empor. Es riecht nach Sonnencrème, Grillade, Wiese und gut gelaunten Menschen. Und wenn der Appetit ob dieser Gerüche unbezwingbar wird, ab ins Bauschänzli, ein Bierchen unter Kastanien zischen und dazu eine Wurst verdrücken. Lustig schaukeln die vertäuten Schiffe auf der Limmat, der Verkehrsstrom auf der Quaibrücke reisst nicht ab, am gegenüberliegenden Ufer sitzen die Menschen auf den Treppenstufen, die zum Fluss hinunter führen und gönnen ihren geplagten Füßen eine Pause. Auf der Bühne spielt eine kleine Kapelle zum Tanz auf, die eingängigen Lieder dringen in Fetzen herüber, bis es kommt, wie es kommen muss und man sich inmitten von Spaniern, Engländern und Deutschen ebenfalls im Takt dreht.
Trotz der allmählich einsetzenden Dämmerung sind die Schachspieler auf dem Lindenhof noch mitten in einer komplizierten Partie, zappeln Kinder auf den Schaukeln und schiessen Touristen Fotos in Richtung Niederdorf. Auch hier das Plätschern des Brunnenwassers. Ein Weidling schaukelt auf der Limmat, Trams quietschen vorbei, Ameisenmenschen hasten über das Limmatquai.
Eigentlich wollte ich auch noch von der Schipfe schwärmen, mit dem Velo und wehendem Haar durch die Strassen sausen, auf den Uetliberg kraxeln, in ein Limmatschiff steigen, Romeo und Julia im Opernhaus sehen, ein Cüpli auf dem Balkon mit Blick auf den See trinken und langsam aber sicher ob der Musik, der Umgebung und dem Alkohol beschwipst werden.
Aber alles was jetzt noch drin liegt, ist der Schlummertrunk in der Badi Enge auf dem Heimweg.
Tutaonana
Eure soon-to-be-African-queen
Irène
P.S.: Ja, ich habe noch viel mehr Lieblingsplätze in Zürich und wer meine Zürich Krimis gelesen hat, kennt sie natürlich....


Kommentare

Beliebte Posts