Die Kenianer und ich


Ausländer, die schon länger in Kenia leben, und damit meine ich mindestens 10, 15, 20 Jahre, sagen alle das Gleiche. Es sei, als habe jemand in Kenia den Humus entfernt und nun komme hervor, was darunter liege. Die blutigen Wahlen, die Terroranschläge, die Bombenattentate, sie haben die Menschen verunsichert und vorsichtig gemacht. Anscheinend war strahlende Freundlichkeit bis vor wenigen Jahren noch offensichtlicher und selbstverständlicher. Mir fehlt der Vergleich und ich kann nur beschreiben, wie ich die Kenianer jetzt erlebe.
Die meisten Einheimischen in unserem Umfeld benehmen sich mir gegenüber sehr höflich, zum Teil fast schüchtern, in jedem Fall aber zurückhaltend. Und unbedingt abwartend. Bei einem ersten Zusammentreffen schauen sie mich meist mit reglosem Gesicht ausdruckslos an und lassen mich den ersten Schritt tun, um mich dann zu spiegeln. Lächle ich sie an, lächeln sie zurück. Grüsse ich, grüssen sie auch. Mache ich nichts, so belassen sie es ebenfalls dabei. Ein Beispiel: Ich nähere mich joggend dem Ende der Strasse, wo die drei Guards mich schon von weitem daher laufen sehen. Schweigend stehen sie da, bis ich sie begrüsse. Wie auf Kommando kommt dreimal der flash. Dreimal zwei Reihen weisser Zähne, aus drei Mündern gleichzeitig: „Good morning, miss.“ Und dazu heben sich noch mindestens zwei, wenn nicht drei Hände, die winken. Hätte ich aber nichts gesagt und wäre einfach vorbei gerannt, so wären sie ebenfalls stumm geblieben und hätten mir nur entgegen beziehungsweise hinterher geschaut.
Nach gut einem Monat laufen in unserer Strasse gibt es nun allerdings doch die eine oder den anderen, die es schaffen, vor mir zu lächeln. Und ein paar ältere Männer, die der ‚Madam’ einen schönen Tag wünschen.  
Tja, wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus. Hier mehr denn irgendwo.

Tutaonana
Eure African queen
Irène
P.S. Kennt man sich näher, wird per Handschlag gegrüsst. Drücken kann man es nicht nennen, es ist mehr ein schlaffes Halten.   



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