Verlobung auf indisch



Da kommen rasch 250 Leute zusammen, was allerdings noch moderat ist, wie uns unsere Tischnachbarin erzählt, deren Bruder kürzlich geheiratet hat und 1000 Gäste hatte. Die Hochzeit dauert im Gegensatz zur Verlobung mehrere Tage, die Braut zieht sich täglich mindestens dreimal um, wird geschminkt, Hände und Füsse werden mit Henna verziert und wenn sie von ihrem Ehemann den roten Punkt auf die Stirn gedrückt bekommt (der Glück bringen soll) dann heisst das game over, wie sie sich ausdrückte oder wie wir das übersetzen, dann ist die Sache entschieden, und sie gehört ihrem Mann.
Der Sohn unseres Landlords hat seine Freundin vor ein paar Monaten gefragt, ob sie seine Frau werden wolle, sie war offensichtlich einverstanden und heute Nachmittag fand also die Verlobung statt. Wie erwähnt mit hunderten von Gästen, die Frauen in herrlich bunten und geschmeidig fallenden Saris, die Männer in Hemden und schicken Hosen. Das Essen ist fast ebenso farbig wie die Kleidung, scharf und reichlich, die Musik laut und fröhlich und die ganze Gesellschaft bis zu unserem Aufbruch freundlich und gesittet. Der Alkohol und die Häppchen werden grosszügig verteilt, so dass wir eigentlich schon satt sind, als das Buffet nach dem Ringtausch und Anschneiden der Torte eröffnet wird. Alles unter dem gestrengen Blick der Mutter und ihrer Regentschaft. Überhaupt dünkt mich, haben die Frauen wichtige Stellungen inne, bei jedem offiziellen Aufruf wird eine der winzigen alten Frauen auf die Bühne geleitet und mit einigen Bissen gefüttert oder mindestens fürs Bild in die Mitte genommen.
Ja, die frohen Weihnachtsfeiertage mögen vorüber sein, aber fertig gefestet ist hier noch lange nicht.
Und während Deep und Michelle glücklich auf ihrer rosengekränzten Hollywoodschaukel wippen, werden wir still und heimlich besäuselter und beschwipster.

Tutaonana
Eure African queen
Irène


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