St. Martin zum Letzten



Ach je, was erinnere ich mich gut an die Räbenliechtli-Umzüge in Zürich. Wie wir bei bitterer Kälte durch die dunklen Strassen zogen (die Strassenlaternen werden jeweils eigens ausgemacht), Miss Lion regelmässig einschlief im Kinderwagen oder auf Papas Schultern, Miss Cheetahs Kerze alle paar Meter erneut angezündet werden musste und wir uns die Finger klamm froren, bis die Runde bei uns am Haus vorbeizog und wir sie meist frühzeitig verliessen und damit ein gutes Stück abkürzten.


Nahtlos ist dieser Lichterumzug hier in Kenia zum St. Martinsfest geworden. Niemand weint der Kälte hinterher und wir schätzen die angenehmen Temperaturen während der eindunkelnden Nacht ausserordentlich. Begonnen mit dem alljährlichen Theater, folgt hier der glitzernde Tatzelwurm dem Reiter auf dem Pferd, es wird gesungen, die Eltern fallen in Knirps-Schritte und Gespräche, man schlendert über die Sportbahn und die Kinder fassen ihre Weckenmänner mit oder ohne Wurst. Um 18.00 Uhr beim Eintritt in die Turnhalle herrscht helllichter Tag und selbst, wenn das Theaterstück eine halbe Stunde später fertig ist und wir die Halle verlassen, kommen die Laternen noch nicht zur Geltung. Aber wie das am Äquator bekanntlich ist, wird der Schalter dann rasch geknipst und bis wir das Feuer erreichen, umhüllt uns dunkelste Nacht. Jetzt ist die Stimmung wunderschön, Funken sprühen, Laternen leuchten bunt und die Lieder klingen durch die Dunkelheit.


In diesem Jahr habe ich kurzzeitig befürchtet, das ganze Spektakel falle ins Wasser, der Regen macht uns tagtäglich seine Striche durch die Rechnung, aber pünktlich auf den Nachmittag hat sich auch gestern die Sonne hinter den schweren Wolken hervorgetraut und der Umzug hat nichts von seinem Charme eingebüsst.
Für uns war es der letzte St. Martin. Im nächsten Jahr gehört auch Miss Lion nicht mehr zur Grundschule. Bei den meisten Eltern löst der Gedanke pure Erleichterung aus, hm, nicht so bei mir. Ich werde sofort wehmütig, nie mehr Lichterumzug in der Nacht? Nie mehr sich die Finger verbrennen beim Anzünden der Kerzen? Nie mehr hinter den Zwergen durch die Dunkelheit spazieren? ... 


Ja, natürlich es ist gut, wie es ist. (Und sollte die Sehnsucht unerträglich werden, kann ich immer noch den Rat einer Freundin befolgen, und mich im nächsten Jahr heimlich zurück ans Feuer schleichen....)

Tutaonana
Eure African queen
Irène




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