Die Angst fährt mit
Immer ist man nicht so freundlich gestimmt... |
„Meint er mich?“
Selbst in meinen eigenen Ohren hört sich der hysterische Unterton meiner Frage bänglich an. Der Uniformierte winkt lässig und Josephs
resignierte Feststellung, dass das Polizeidepartement das korrupteste in ganz
Kenya sei - was hier etwas heissen will – spukt in einem fort in meinem Kopf
herum. Überflüssigerweise fällt mir zudem der kürzlich im Radio gehörte Bericht
ein, in welchem sich die Journalisten darüber aufregten, dass die Polizei viel
zu schnell und viel zu oft scharf schiesse (damals musste ich an die Kollegen
in der Schweiz denken, die sich zehnmal überlegen, ob sie ihre Waffe ziehen
wollen und fünfzigmal, ob sie dann auch abdrücken). „Nein, er will die
Lastwagen anschauen, fahr weiter.“ Sind es die roten Kontrollschilder, die uns
jeweils an den Police Checkpoints schützen und die dunkelblau Gekleideten nur
einen uninteressierten Blick in unsere Richtung schicken lassen? Ich weiss es
nicht, und im Grunde ist es mir egal, Hauptsache, sie verschonen
uns. Wieder einmal Glück gehabt. Dennoch sitzt mir die Angst ständig im Nacken
und versucht, obwohl resolut zurückgedrängt, aufdringlich penetrant überhand zu
nehmen. Eine Fahrt über Land in Kenia hält nämlich einiges an Gefahren bereit.
Was wäre, wenn eines der Zicklein, eine der Kühe oder ein Esel es sich
urplötzlich anders überlegt und statt friedlich am Strassenrand zu grasen einen
unkontrollierten Sprung auf die Fahrbahn macht, von mir überrollt wird und eine
aufgebrachte Dorfgemeinschaft in ebenso unkontrollierter Wut auf mich
losstürmt? Keine schöne Vorstellung. Genauso wenig erpicht bin ich auf den spitzen
Stein der unbefestigten Strasse, der ausreicht, um den Pneu zum Platzen zu
bringen. (Obwohl wir Ersatz dabei haben.) Richtig anstrengend wird’s aber dann,
wenn man sich nach 7 Stunden Autofahrt zum Schluss in Nairobi im verrufenen
Eastleigh verfährt. Das Navi Wege anzeigt, die es ganz einfach nicht gibt,
Verzweigungen unauffindbar sind und eine Flucht unmöglich ist, die Stimme im
Ohr indes dauernd fordert: „Kehren Sie wenn möglich um.“ Hm, nichts lieber als
das, wäre es denn durchführbar. Die Verzweiflung wird perfekt, sobald sich
nicht einmal mehr der Richtige orientieren kann. All die Menschen, all die
Häuser, all die Strassen und vor allem all die Fahrzeuge. Eine Blechschlange
reiht sich an die nächste, Fussgängerstreifen über 4spurige Autobahnen tragen ebenso
wenig zur Übersicht bei, wie die draufgängerisch rücksichtslosen Matatufahrer.
Irgendwann tritt inmitten all der fremden Häuserzüge deprimierende
Hoffnungslosigkeit ein und die Überzeugung, niemals wieder aus diesem blechernen
Chaos herauszufinden und vielmehr im erstickenden Tohuwabohu untergehen zu
müssen.
Die Dankbarkeit
allerdings, die sich einstellt, wenn man un- und überfallfrei auf wundersame
Weise doch noch einen Weg aus der Ausweglosigkeit gefunden hat, ist unbezahlbar
und erst recht unbeschreiblich.
Tutaonana
Eure African queen
Irène
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