Hilfe, die Helfer kommen
Vision 2030 by Bertiers Metal |
von Horand Knaup habe
ich ebenso gelesen wie Hundert Tage
von Lukas Bärfuss. Und hätte ich Katastrophen- und Entwicklungshilfe nicht
vorher schon für diffizil und heikel gehalten, die Bücher hätten mich
definitiv von deren Schwierigkeiten überzeugt. Das sind selbstverständlich andere Dimensionen, als sie mir begegnen, aber im Kleinen werde ich mit den gleichen Fragen konfrontiert.
Nun leben wir zwar alle
auf derselben Welt und auf dieser einen Welt gibt es gleich viele ‚arme’
Menschen, ob ich nun in der Schweiz bin oder hier. Aber in Kenia begegnen sie
einem halt tagtäglich und ausblenden ist nicht ebenso einfach. Jedoch nicht
unmöglich, man kann sich durchaus einigeln, seine eigene heile kleine Oase bewachen,
von Insel zu Insel hüpfen und die afrikanische Realität aussen vorlassen. Wie eine
der Mütter in der Deutschen Schule zum Beispiel, die ihren Sohn nicht ins
Altersheim mitgehen lassen wollte, weil er da womöglich mit kranken und armen
Menschen konfrontiert worden wäre, was sie zur einen oder anderen Erklärung gezwungen hätte.
Die meisten Expats
hier verhalten sich aber anders. Ich habe mich mit vielen zum Thema Bettler und
Almosen unterhalten. Die einen geben nichts und machen sich entweder nicht
gross Gedanken darüber oder haben scheinbar ihre Prinzipien. So habe auch ich
begonnen. Und wenn es um professionelle Banden geht, die junge Frauen mit
Babies auf die Strasse schicken, damit sie ihnen Geld einbringen, so möchte das natürlich
niemand unterstützen. Ebenso wenig will ich jemanden zum Betteln erziehen oder
ermutigen. Aber wie ist es mit jener kranken Frau, die gegenüber der Schule
sass und an der ich fast täglich vorüber ging, um ein paar Meter weiter im
Village Market frisches Brot und Früchte zu kaufen? Ich habe ihr nichts
gegeben, bis ich den Kenianer beobachtete, der ihr ein paar Münzen in den Napf
legte. Da überkam mich einmal mehr das schlechte Gewissen. Ich, die reiche
Schweizerin, lasse sie ungerührt in ihrem Elend, während ihr der Landsmann
unter die Arme greift? Klar verbessere ich ihr Leben nicht dauerhaft, indem ich
ihr ein paar Schillinge schenke. Aber muss denn der Anspruch immer so gross
sein? Kann ich ihr nicht für einen Tag etwas geben, damit sie sich etwas
zu essen kaufen kann? Nachhaltig ist das sicher nicht, aber muss ich diese
Ambition ständig haben? Es ist so simpel mit vollem Magen und Portemonnaie zu sagen, etwas sei zu wenig effektiv. Es gibt auch Bekannte, die geben gleich Naturalien. Was
ich an und für sich keine schlechte Idee finde, selbst wenn sie etwas
Bevormundendes hat. In die gleiche Richtung geht es, wenn mir Freunde erzählen,
dass sie sich zuerst erkundigen, wofür ein Darlehen ausgegeben werden soll, und
wenn sie es dann für adäquat halten, geben sie einen Vorschuss. Am besten dünkt
mich der Einsatz, wenn den Kindern der Angestellten die Ausbildung ermöglicht
wird.
Hm, und wie gehe ich jetzt mit der nächsten Anfrage um? Der
Vorsatz ist, dass ich – abgesehen von Behinderten - nur noch jemandem Geld
gebe, den ich wirklich kenne.
Aber konsequent war
ich ja noch nie....
Tutaonana
African queen
Irène
P.S. Die Frau sitzt
übrigens nicht mehr vor der Schule. Ob sie sich einen lukrativeren Platz
gesucht hat? Möglich. Vielleicht geht es ihr aber auch besser, und sie muss
nicht mehr Betteln.
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