Tod auf der Strasse II
Kürzlich war ich mit
einer Bekannten zum Mittagessen. Sie ist indische
Kenianerin der zweiten Generation. Wir verstehen uns sehr gut, und ich mag sie
gern. Manchmal bin ich fast ein bisschen erstaunt, wie ähnlich man sich sein
kann, obwohl man unterschiedlicher kaum hätte aufwachsen können. Das aber nur
nebenbei bemerkt, denn eigentlich will ich hier über etwas ganz anderes
berichten. Shitals Schwester ist bei einem Carjacking ums Leben bekommen. Ich
habe seit Längerem nicht mehr über die Kriminalität in Nairobi berichtet, und
zuweilen vergesse ich in unserer schönen Ecke selber fast, dass die Stadt eben
auch ein ganz anderes Gesicht hat. Gerade Fahrzeugentwendungen kommen sehr
häufig vor und da es sich dabei meist um Gelegenheitsverbrecher und keine
Profis handelt, ist es umso gefährlicher. Die Männer haben ein paar Sekunden,
um ihr Ding durchzuziehen und sind meist mindestens so nervös wie ihre Opfer.
Der Finger steckt im Abzug und es braucht nur sehr wenig, um die ‚jumpy’
Ganoven zu einer - vielleicht sogar ungewollten - Schussabgabe zu bringen.
Nicht umsonst wird in der Schweiz bei der Polizei und im Militär stets der
lange Finger gelehrt. Jedenfalls ist hier jede Art von Gegenwehr unbedingt zu
unterlassen und nichts als folgsame Kooperation angesagt. Kopf runter, atmen
und hergeben, was immer sie wollen. Natürlich machen mir solche Vorfälle Angst.
Denn offenbar kommen sie mittlerweile nicht mehr nur nachts oder beim
Eindunkeln vor, sondern sogar am helllichten Tag. Ich vermeide Roundabouts,
Plätze und Strassen, vor denen die Polizei warnt und versuche, wie mehrfach
erwähnt, stets aufmerksam zu sein. Eine gewisse Beruhigung ist mir, dass unser
Mitsubishi weder das neueste Model noch unversehrt ist und somit wenig
Interesse unter Hijackern erwecken dürfte.
Und sollte es uns
trotz aller Vorsicht und aller Wachsamkeit dennoch passieren, dass wir
überfallen werden, kann ich nur hoffen, dass wir wenigstens keinen Amateuren in
die Hände fallen, sondern Verbrechern, die einigermassen wissen was sie tun,
die Nerven behalten und deren Finger nicht mehr zittert, als mein Herz
flattert.
Nein, es ist nicht
lustig, sondern bitterer Ernst.
Tutaonana
African queen
Irène
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