Maasai Mara
Erwartungsgemäss
stimme ich nach drei herrlichen Tagen nun in das Loblied über die Maasai Mara
ein, und wer nicht in Stimmung für Schwärmereien ist, kann sich diesen Beitrag
getrost schenken. Für alle anderen versuche ich in Worte zu fassen, was im
Grunde unfassbar ist. Eine derartige Fülle an Tieren, die weite, gelbe Savannenlandschaft,
durchzogen von Flussläufen, gepunktet mit felsigen Inselbergen, bewachsen mit
Bäumen, manchmal gar Palmen und teilweise in grünes Buschland übergehend. Der
Geruch nach Erde, Gras, wildem Tier und Verwesung.
Was kann es
Grandioseres geben, als nach einer Nacht, nur unterbrochen von diesem eigenartigen
‚Huu-i’ der Hyänen, morgens in einem Zelt in der Maasai Mara zu erwachen? Ein
Vogelkonzert im Ohr, das ich so vielstimmig nirgends sonst gehört habe. Dann
nach einem währschaften Frühstück vorfreudig ins Auto steigen und direkt in die
verheissungsvolle Landschaft hineinschaukeln. Stets begleitet von Antilopen in
allen Grössen, Altern – und grade wollte ich Farben und Formen schreiben, was
man fast versucht ist zu sagen. Erinnern doch die zierlichen Dik-Dik an Rehkitze,
die Thompsongazellen mit ihrem gelben Fell, dem weissen Bauch und den schwarzen
Streifen sind der Inbegriff von Anmut, die rotgoldenen Impalas, bei denen die
Männchen dieses schön geschwungene Gehörn tragen, die Topis mit den blauen
Keulen an den Hinterbeinen, Elands, die mich mit ihrem Umfang an das Braunvieh
daheim erinnern, die turmartigen Giraffen, die Hartebeests, die Wasserböcke, ...
Imposanter noch als die Antilopenherden sind die Elefanten, diese Giganten,
denen nichts in die Quere kommt und die gemächlich ihrer Wege gehen. An Grösse
und Gewicht kann es einzig das Flusspferd mit ihnen aufnehmen, ein grauer
Koloss auch es, allerdings mit rosigem Bauch und diesem beinahe schon lustigen
Gesicht, meist ebenso regungslos daliegend, wie wenige Meter weiter das
Krokodil, vor dessen Nase wiederum die Meerkatzen vorbeiturnen. Die
Warzenschweine mit ihren flachen Gesichtern und krummen Zähnen, wie sie lustig
ihre Schwänze in die Höhe recken, sobald Gefahr droht. Die Gnus mit ihren
Altmännergesichtern, die dann urplötzlich doch wieder springen wie junge Böcke
oder rennen, wie Marathonläufer. Die kräftigen Zebras, die massiven Büffel, die
wieselflinken Mungos, die perfekt getarnten Echsen.
Ja, das alles ist
beeindruckend, aber das wirklich Einmalige in der Maasai Mara ist diese Dichte
an Katzen! Die schlafenden Leoparden im Baum, fast plüschig sieht ihr Fell aus.
Geparde, mit ihren runden Köpfen, dem wunderbar gefleckten Fell, ruhelos
paarweise durchs Gras streifend auf ihren dünnen Hundebeinen, die so
unglaublich schnell sind. Was den König der Tiere angeht, übertreibe ich nicht,
wenn ich sage, dass wir aufgehört haben zu zählen. Kein Wunder, dass bei dem
Futterangebot während der grossen Migration die Jäger in der Nähe sind. Aber
wunderschön natürlich auch sie. Mit ihrem sandfarbenen Fell, den gelben Augen
und dem gelassenen Gebaren. Mehr als einmal hatte ich das Gefühl, dass sie es
geniessen, sich in Pose zu werfen und fotografiert zu werden.
Erwähnen muss ich
auch die Vögel, immerhin sind die Geier die Nutzniesser der Raubkatzen und mit
ihren blutverschmierten Köpfen und Hälsen verschwinden sie im Aas, als wollten
sie uns demonstrieren, was es heisst, Restverwerter zu sein. Der Adler, wie er
stolz auf seinem toten Baum sitzt und die Gegend inspiziert. Der Strauss mit
seinen ellenlangen Beinen, dem dünnen Hals und dem flauschigen Federkleid. Die
Marabus in ihrer Grösse an Kleinflugzeuge erinnernd schrauben sich in den
Himmel. All die anderen winzigen Piepmätze im leuchtend bunten Federkleid. Womit
wir schliesslich wieder beim Morgenkonzert angekommen wären, aber vorher muss
ich ja noch schlafen. Und zwar in diesem Zelt, wo die Missen bereits keinen
Mucks mehr machen, die Dunkelheit undurchdringlich scheint, und ich nur durch
eine dünne Stoffwand von der Wildnis getrennt liege. Bevor auch mich der Schlaf
übermannen kann, horche ich ein letztes Mal in die Nacht hinein und habe ganz
kurz die wahnhafte Idee, auf dem Hasliberg zu liegen, weil ich muhende Kühe und
ihre bimmelnden Glocken höre, bis mir im Dämmerzustand einfällt, dass das
natürlich die Herden der Massai sind, die ganz in der Nähe unseres Camps daheim
sind.
Und dann kann er
kommen, der Schlaf, tausend Tonnen schwer, für mich und all die Millionen
Geschöpfe, die rund um mich herum atmen und leben.
Tutaonana
Eure African queen
Irène
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