Der Notfall

Oh Gott, jetzt ist eingetreten, wovor ich mich immer gefürchtet habe. Miss Cheetah liegt laut schreiend am Boden. Nach einem fürchterlichen Sturz ist sie ganz böse auf den Hüftknochen geknallt. Es blutet, schwillt zusehends an und in Richtung Bauch verfärbt es sich rot und blau. Innere Blutung. Ein Organ betroffen? Spital? Telefonisch erreiche ich den Richtigen, den ‚Arzt’ in der Familie, und nach meiner Schilderung findet er, wir sollten das zeigen. Okay. Getrude’s Children’s Hospital also. Ich habe versucht, mir auf google maps die Örtlichkeit einzuprägen. Aber das ist Monate her und in meiner Nachlässigkeit habe ich die Auffrischung verpasst. Meine Vorstellung ist also nur mehr sehr vage. Der Richtige bemüht sich, mir den Weg zu erklären, in der allgemeinen Aufregung klingt es reichlich kompliziert, aber ich notiere mir das Wichtigste. Zur Sicherheit packe ich dennoch das Navi ein. Schnappe mir die Missen, Jacken, Medical Cards, etwas zu essen und zu trinken (eigentlich ist es Abendessenszeit) und los geht’s. Natürlich geraten wir schon bald in den unvermeidlichen Feierabendstau, aber immerhin rollt er langsam und wir stehen nicht lange. Auf meine Frage kriege ich die Antwort, die Schmerzen seien gleichbleibend. Da sich die Patientin aber bereits wieder über die Schwester ärgern kann, schleicht sich der Gedanke ein, ob die Verletzung möglicherweise nicht so schlimm sein sollte. Überreaktion meinerseits? Hm. Sicher ist sicher. Oder doch nicht? Wenn sie nun irgendwas zusammenpfuschen? Ob die Ärzte gut sind? Oder alles schlimmer machen? Oje. Ach was, Getrude’s hat einen guten Ruf. Zum Glück finde ich es auf Anhieb. Wagen parken, Emergency-Klingel drücken und schon nehmen uns zwei weissgewandete Schwestern in Empfang. Wir zeigen die Wunde, ich erkläre den Sturz und sie bringen uns in die Triage, wo eine weitere Schwester sich der Verletzten annimmt. Während sie Schmerzmittel bekommt, werde ich an die Rezeption geleitet und muss die nötigen Formulare ausfüllen. Bisher läuft alles sehr geschmeidig. Stolz präsentiere ich unsere AAR Insurance Card, allerdings nur um zu erfahren, dass das System sage, sie sei expired... Oha, haben wir vergessen einzuzahlen? Die Empfangsdame verspricht, telefonisch nachzufragen. Ja, bitte. Die Missen sind inzwischen ebenfalls in die Empfangshalle entlassen worden und gemeinsam setzen wir uns auf die blauen Stühle. Es herrscht eine unaufgeregte, fast fröhliche Stimmung hier, woran vor allem die kleinen lachenden Mädchen schuld sein dürften, die durch die Gänge wetzen ebenso wie der Junge, der glücklich glucksend vor dem Trickfilm am Fernseher hockt. Miss Cheetah hat keine Schmerzen mehr und die Töchter klagen stattdessen über Hunger. Gut, dass ich den Proviant dabei habe. Mir fällt auf, wie gut angezogen hier alle sind, abgesehen von uns, Miss Cheetahs Hose ziert ein Loch und Miss Lions Knie weisen eindeutige Sturzdreckspuren auf. Na ja, egal. Alles Nebensache. Am Empfang hat man inzwischen herausgefunden, dass unsere Karte zwar gültig ist, wir aber nur im Falle einer Evakuation versichert seien. Hm? Na das nützt dann wohl nichts. Sind wir bereit, die Konsultation bar zu bezahlen? Ui, ob ich genug Geld dabei habe? Ich bestätigte sowieso. Da wird sich schon eine Lösung finden. Nach zirka einer halben Stunde werden wir aufgerufen, haben keine Ahnung, wohin wir müssen, werden aber auf Anfrage von einer hilfsbereiten Schwester hingeführt. Wieder warten wir eine Weile in einem weissen Korridor, bestens unterhalten von der 1 ½ Jahre alten Stacey. Bald kommt Doktor Robinson, der uns in sein Untersuchungszimmer mitnimmt. Er schaut sich die Wunde an, drückt hier ein bisschen, kontrolliert da etwas und stellt rasch fest, dass keine ernsthaften inneren Verletzungen vorliegen. Dem Himmel sei Dank. Ich rufe den Richtigen an, gebe Entwarnung, worauf er dennoch anbietet, vorbeizukommen. Was ich im ersten Moment für überflüssig halte, nach kurzem Überlegen aber doch für die beste Variante halte. Es ist mittlerweile stockdunkel und der Richtige kennt den kürzesten Heimweg. Doktor Robinson behandelt die offene Wunde, erkundigt sich, ob wir Schmerzmittel zu Hause hätten, hält alles im Computer fest und entlässt uns keine zehn Minuten später wieder. Wir gehen ungemein erleichtert zum Empfang, bezahlen die umgerechnet CHF 17.00, werden vor dem Tor von den roten CD Schildern des Richtigen erwartet und sind alles in allem gut zwei Stunden später wieder daheim.
Was für ein Sturm im Wasserglas....

Tutaonana
Eure African queen

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