Essen bei Ali Samosa


Ali holt uns um 18.00 Uhr im Kijani House ab und führt uns zielsicher durch die schmalen Gassen Shelas. Vorbei an schweren Holztüren, geduldigen Eseln, Bougainvillea-, Bananen- und Papayastauden, die über den sandfarbenen Mauern in den Himmel wachsen. Trotz der abendlichen Stunde ist es heiss, kein Windhauch erreicht die engen Durchgänge und unsere Mägen knurren um die Wette mit denen der hungrigen Katzen. Die Sonne steht wenig über dem Horizont, als Ali uns gastfreundlich in sein Haus einlässt. Über eine steile Aussentreppe erreichen wir das Esszimmer, in welchem drei Tische mit Stühlen stehen und sich ein paar Tücher an den Fenstern bauschen. Einziger Schmuck an der Wand: ein Bild der Kaaba in Mekka und Ali wird uns später erzählen, dass er vor drei Jahren den Haddsch – die Pilgerreise – mit seiner Frau unternommen hat. 
Freundschaftlich werden wir aufgefordert, rund um den grössten Tisch, dessen Tischdecke ‚Beni Bear’ im früheren Leben mit Sicherheit einmal das Bett eines Kindes schmückte, Platz zu nehmen. Dann hat der Gastgeber gerade noch Zeit uns den Tamarind- und Passionsfruchtsaft, sowie das Essen zu bringen, bevor der Muezzin ruft und er sich entschuldigt. Wir greifen hungrig zu, beginnen mit den Fisch- und Gemüse-Samosas - dreieckige Teigtaschen in viel Öl knusprig gebraten. Zu einer feinen Kokosnusssauce gehören in einem Brühteig frittierte Gemüsestücke und am besten schmecken mir die Chapatis gefüllt mit einer würzigen Mischung aus Gemüse und Fisch, die Ali als Suaheli-Samosas vorstellt. Dazu gibt es einen Fischcurry bestehend aus Thunfisch und einem schneeweissen Kokosnussreis. Thon ist im Moment Saison, zu unserem Glück, den Thunfisch mag sogar Miss Lion, die einzige Nichtfischliebhaberin der Familie.
Wir fühlen uns alle leicht überessen, als sich Ali nach dem Gebet wieder zu uns gesellt und erkundigt, ob es uns geschmeckt hat. Im Grunde natürlich eine überflüssige Frage, wo alles bis auf ein bisschen Reis und ein halbes gefülltes Chapati ratzeputz ausgegessen ist. Er besteht allerdings darauf, dass wir auch noch vom Caramelpudding probieren, derweil er uns bestätigt, dass der gläubige Moslem fünfmal am Tag betet. Stolz präsentiert er uns zudem ein altes Fotoalbum, aus welchem uns Omar Sharif und Chris Christopherson zulächeln, beide waren sie offensichtlich schon auf der Insel. Etwas weniger freudig erwähnt er dann, dass er und seine Frau leider keine eigenen Kinder, die Hoffnung darauf, aber noch nicht aufgegeben hätten. Die Schwester seiner Frau hat nach 17 Jahren endlich ein Kind geboren und sie sind ja auch gläubige Moslems. Wirklich Sorgen bereitet ihm aber das LAPSSET-Projekt (Lamu Port Southern Sudan-Ethiopia Transport). In Lamu soll dafür eine grosse Hafenanlage errichtet werden, sowie eine Pipeline, die sie mit Äthiopien und dem Südsudan verbindet, welche durch eine Raffinerie in der Nähe ergänzt wird. Ali befürchtet, dass damit das Meer für Krabben, Crevetten und Krebse zu schmutzig wird, womit wiederum weder Fischerei noch Tourismus, wovon die Menschen in Lamu leben, eine Zukunft haben wird und woran sich nur einige ganz wenige gierige Nasen überfressen können. Und leider befürchte ich, dass er Recht hat.
Wir haben inzwischen von der Milch- und Zuckerkomposition seiner Frau gekostet, sind nudelsatt und endgültig überzeugt, dass man in Kenia durchaus ausgezeichnet essen kann. Schwerfällig erheben wir uns schliesslich wieder in die sternklare, warme Nacht, schlendern, begleitet von unserem Führer, durch die stockfinsteren Gässchen, wo immer noch eine Handvoll Esel stehen und zwei Katzen, die wohl weniger Glück mit der Nahrungsfindung hatten, von den Mauern miauen.

Tutaonana
Eure African queen
Irène 
Ps. Ali hat damit begonnen, dass er am Strand Samosas aus dem Korb verkaufte, weswegen man ihn noch heute Ali Samosa nennt.



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