Kenya - worum geht es eigentlich?


Im Vergleich zur Nachbarschaft (Südsudan, Somalia, Äthiopien, Uganda, Ruanda, Burundi, Demokratische Republik Kongo) gelang es Kenia, viele Jahre als versöhnlich, stabil und relativ erfolgreich zu gelten – als ein Land, in welchem nach der Unabhängigkeit über 40 verschiedene Volksstämme nebeneinander und miteinander lebten, ohne, dass es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kam. Gut dazustehen war allerdings in diesem Wettbewerb nicht besonders schwierig und hatte womöglich auch nicht allzu viel zu bedeuten. Die Wahlen im Jahr 2007 setzten diesem scheinbaren Frieden jedenfalls ein (vorübergehendes?) Ende. Nach dem umstrittenen Wahlsieg von Präsident Mwai Kibaki kamen bei gewaltsamen Protesten in den Armenvierteln Hunderte von Kenianern ums Leben. Und plötzlich trat zu Tage, was unterschwellig schon lange gärte. Der Tribalism. Es gibt dieses ernüchternde Buch von Michela Wrong ‚It’s our turn to eat’, in welchem sie die wahre Geschichte des John Githongo, dem Staatssekretär für Antikorruption unter der Präsidentschaft Kibakis, erzählt und der aufdeckte, in welch unglaublichem Mass sich die Regierung an Staatseigentum bereicherte und bis zum Kotzen überfrass. It’s our turn to eat, heisst auf Deutsch übersetzt: Jetzt sind wir dran. Und genau so benehmen sich die jeweiligen Machthaber, es wird in einer grenzenlosen Gier für den eigenen Clan an sich gerafft, gestohlen und betrogen, was geht, so lange man kann, bevor die nächsten an die Macht kommen. Dieser Einstellung folgt in logischer Konsequenz das Wachsen des Hasses untereinander auf die jeweils andere Ethnie.
Nun war ich aber kürzlich in einer Sonderausstellung im Nationalmuseum zum Thema: WHO I AM, WHO WE ARE. Ein Kunstprojekt zur kenianischen Identität. Ein kleines Blechhüttchen, the silent room, wurde zwischen Dezember 2013 und Oktober 2015 an neun verschiedene Standorte im ganzen Land gestellt und 1500 Menschen haben darin folgende Fragen beantwortet: Bist du Kenianer?
Worin gleichst du anderen Kenianern?
Was unterscheidet dich von anderen Kenianern?
Worauf bist du stolz in Kenia?
Worauf bist du nicht stolz in Kenia?
Was bedeutet es, Kenianer zu sein?
Wie siehst du dich in fünf Jahren, in Kenia?
Bist du Kenianer?
Daneben wurden auch sogenannte body maps gezeichnet, bei dieser Methode werden durch Malen vergangene, aktuelle und zukünftige Erlebnisse visualisiert. 
Das Projekt will nicht die Unterschiede der Menschen negieren, sondern das Volk in seiner ganzen Unterschiedlichkeit vereinen. Diese Idee macht mir Mut und ich wünschte, sie würde von möglichst vielen Menschen gelesen und beachtet.
Und zu guter Letzt komme ich nicht umhin zu denken, dass uns diese Fragen in der winzigen Schweiz auch gut täten...
Tutaonana
Eure African queen
Irène

Literatur:
Michela Wrong, It’s our turn to eat
Wambui Wamea Kamiru und Xavier Verhoest, Who I am. Who we are.


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