Operation, die 2.


Und damit ist nun auch definitiv klar, dass ich nie und nimmer Ärztin hätte werden können. So nah an einer Ohnmacht war ich zum letzten Mal, als ich mit einem Drogenabhängigen in einer blutverschmierten Zelle stand, die süsslich roch, weil der Mann sich das ganze Gesicht und die Arme bis aufs Fleisch aufgekratzt hatte. Damals war mir genauso sterbenselend wie jetzt. Ich habe das Gefühl, gleich erbrechen zu müssen, dazu schwitze ich wie ein Schwein, mir wird schwarz vor Augen und das Rauschen in den Ohren wird immer stärker. Zum Glück kenne ich die Anzeichen, schleppe mich ins Haus und setze mich hin.
Ja, Simon ist noch nicht geheilt. Peter hat einen zweiten Schnitt ausgeführt, wieder quillt der Eiter aus der Wunde und diesmal entfernt der Chirurg anschliessend auch noch die Haut. „The skin is lost. We need to take it away.“ Das ist der Moment, wo es mir zu viel wird.
Ich ahnte gestern schon, dass die Sache womöglich noch nicht ausgestanden war. Zwei Stunden nach der ersten OP lief der Patient schon wieder ohne Verband durch die Gegend, er sei zu eng gewesen und es poche nach wie vor im Finger. Hm, so ging das natürlich nicht. Ich versuchte, Simon klar zu machen, wie leicht die offene Wunde verschmutzen konnte, desinfizierte erneut und klebte ein frisches Pflaster drauf, das nun für die nächsten Stunden da bleiben sollte, okay? Sawa.
Trotzdem sind wir also heute Morgen zurück auf Start, wenn nicht schlimmer. Der Finger ist erneut dick wie eine Wurst und der Eiter scheint gelb durch die gespannte Haut. Um die ganze Situation nicht unnötig durch eine zweite Patientin zu verschlimmern, muss ich diesmal, so peinlich es mir ist, passen, kaum habe ich das nötige Equipment zur Verfügung gestellt.

Tutaonana
Eure African queen


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