Joseph und die Frauen oder was einem in Nairobi nachts passieren kann

First of all, Joseph ist verheiratet – wie ich glaube glücklich – und Vater von Zwillingen. Zudem halte ich ihn für glaubwürdig, weswegen ich seine Version der folgenden Geschichte nicht anzweifle: Joseph ist angestellt und zuweilen mit einem guten Auto unterwegs, weswegen man ihn durchaus für vermögend halten könnte. Was täuscht, denn natürlich gehören die Fahrzeuge nicht ihm. Was aber erklärt, weshalb er bei gewissen Leuten an Attraktivität gewinnt. Nun, es war einer der Abende, an welchen er einen Kunden in ein teures Hotel zurückgebracht hatte und gerade im Begriff war, Feierabend zu machen, als da eine junge Frau stand und zu warten schien. Guter Laune und zufrieden mit sich und seinem Los, fragte Joseph - ganz Gentleman - ob er sie irgendwohin mitnehmen könne. Ein Angebot, das die junge Frau gern annahm und worauf sie sofort ins Auto stieg. Wir ahnen, dass das kein gutes Ende nehmen konnte. Und tatsächlich, kaum losgefahren, wollte die junge Frau von Joseph ein paar Namen und am liebsten gleich Telefonnummern gutbetuchter Bekannter, Gäste, Klienten, whatever. Das kam für den loyalen Joseph aber nicht in Frage, und er verweigerte ihr entschieden die Auskunft. In schweigender Verstimmung lud er die junge Frau daraufhin an einem von ihr vorgeschlagenen Parkplatz ab, wo sie zwar ausstieg, aber noch bevor er losfahren konnte, zurückkam und ihn beschuldigte, er habe ihr das Handy geklaut. Was natürlich hanebüchener Unsinn war, wie ein überrumpelter Joseph beteuerte. Die Frau hatte ihr Mobile mit Absicht in seinem Wagen ‚vergessen’. Der langen Rede kurzer Sinn, Joseph verbrachte die ganze Nacht auf dem Polizeiposten und versuchte in diesen ungemütlichen Stunden, seine Unschuld zu beweisen. Was ihm nicht ganz gelang, aber immerhin so weit Erfolg hatte, dass man ihn, nach bezahlen einer Busse, (oder war es ganz einfach tea money?) schliesslich gehen liess. Die Nacht auswärts brachte natürlich weitere Probleme mit sich. Wie sollte Joseph seiner Frau die unliebsame Geschichte beibringen? Wie seinem Boss die Verspätung seiner Ankunft am Arbeitsplatz erklären? Wie seinem Bruder, dass er ihn auf dem Polizeiposten abzuholen hatte? Alles in allem ist damit sein tadelloser Leumund besudelt und Joseph schwört, niemals mehr nachts eine Frau mitzunehmen, am besten überhaupt niemanden und tagsüber grad auch nicht. Ja, man mag ihn naiv nennen, aber schade ist es halt trotzdem, wenn solche Dinge nicht mehr möglich sind.
Und die Moral von der Geschicht? Nicht nur Mzungus werden reingelegt. Oder Hilfsbereitschaft zahlt sich nicht aus. Oder doch Ende gut, alles gut? Immerhin hat er seinen Job behalten, seine Frau liebt ihn nach wie vor und auf seinen Bruder kann er zählen, komme, was wolle.

Tutaonana
Eure African queen
Irène

P.S. Auf meine leicht ironisch gestellte Frage, ob die Frau denn wenigstens hübsch gewesen sei, bekam ich einen verständnislosen Blick gepaart mit der Antwort: „Sure, sure.“ Unschwer konnte ich zudem aus Josephs Gesicht ablesen, wie völlig überflüssig die Frage war, ob aus dem Grund, dass um die Zeit alle Frauen vor diesem Hotel hübsch sind oder weil Joseph selbstverständlich nur hübsche Frauen mitnahm, sei dahingestellt...

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