Schussbereit - 2. Leseprobe


Zur Fall-Besprechung trafen sie sich im Pausenraum des Detektivpostens der Enge. Ein nüchtern möblierter Raum im dritten Stock, dessen schwarze Plastikstühle hässlich quietschten beim Zurechtrücken um den mit grauem Furnier überzogenen Tisch. An den in einem schmutzigen Weiß gehaltenen Wänden hing der Kunstdruck eines unbekannten Künstlers. Selten machte sich jemand die Mühe, ihn genauer zu betrachten, und die wenigsten konnten sagen, dass es sich um eine in gebrochenen Farben gemalte Landschaft rund um den Bodensee handelte.
(...)
Schließlich übernahm Eric das Wort. Er klärte sie über die Aufgabe der Intervention auf, wie er sich eine Zusammenarbeit vorstellte und wünschte. Das Ganze bekam einen fast militärischen Touch, die Befehlsausgabe mit einer klaren Zielrichtung, der angestrebten Absicht, dem bereits erwähnten Auftrag, besonderen Anordnungen und den Standorten. Von dem durch Andrea angestrebten bis anhin kollegialen Führungsstil war in einen autoritären Spezialeinheit-Befehlston gewechselt worden. Es war klar, dass Eric als Profi - Instruktor der Interventionseinheit mit dem Spezialgebiet Amok am meisten Ahnung von der ganzen Thematik hatte. So klärte er sie noch einmal darüber auf, dass ein Amoktäter darauf abzielte, innert kürzester Zeit möglichst viele Menschen töten zu wollen, die Schnelligkeit des polizeilichen Eingreifens und die dabei gewählte Taktik also von erfolgsentscheidender Bedeutung waren. Er hatte einen Raum für seine Grenadiere im Kellergeschoss des Schulhauses gefunden, sodass sie vor Ort sein und sofort reagieren konnten. Eric machte weiter klar, dass die Aufgabe der IE-Männer weder die Evakuation der Schüler und Lehrer noch die Rettung Verletzter war, sondern ihr Auftrag war das Suchen, Finden und Binden der Täterschaft. Wenn es losging, würden sie keine Zeit mehr haben für Detailabsprachen der Vorgehensweise. Jede Sekunde, die unnötig verloren ging, verschaffte dem Täter zusätzlich Zeit, sein mörderisches Treiben ungestört fortzusetzen. Seine Männer wurden auf diesen Ernstfall seit Jahren speziell vorbereitet und konsequent trainiert. Sie allein verfügten auch über die situationsadäquat einsetzbare und wirkungsvolle Bewaffnung sowie die optimale ballistische Schutzausrüstung. Mit anderen Worten, er wollte keine Kamikaze-Überraschung mit den Fahndern oder dem Detektiv erleben. Klar?                                                                                                                                                Völlig. Die Runde nickte.
 
Schussbereit, Gmeiner-Verlag


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