Auf dem Schulweg
Nachdem ich diesen
Kompromiss mit Miss Lion eingehen musste und für eine Weile Taxidienst leiste,
weil es ihr, ich zitiere: „Im Bus nicht ganz geheuer ist.“, widme ich dieser turbulent
abwechslungsreichen Fahrt einen eigenen Post. Es beginnt etwas kompliziert und
ist für Erwachsene ohne Kinder vermutlich nur schwer nachvollziehbar, aber wenn
Frau erst mal Mutter geworden ist, tut sie zuweilen Dinge, die sie vorher
belächelt oder gar verurteilt hätte. In unserem Fall ist es so, dass die Mutter
jeden Morgen wie auf glühenden Kohlen mit ihren Missen am Tor auf den Schulbus der
DSNairobi wartet. Warum auf glühenden Kohlen? Tja, Thaddäus kommt jeweils etwas
knapp, und da ich ja die Chauffeuse für Miss Lion machen muss, komme ich mit
jeder verstreichenden Minute mehr ins Schwitzen. Was vor allem daran liegt,
dass der Verkehr mit jeder Viertelstunde an Dichte gewinnt und wir doch
pünktlich an der Schule sein wollen. Nun, der langen Rede kurzer Sinn, Miss
Cheetah - die Tapfere – wird verschluckt und verschwindet hinter einer trüben
Scheibe, während wir zurück zum Parkplatz hasten, wo ich Miss Lion huschhusch
in unseren Wagen schubse und es für uns, möglichst ohne Zeitverlust quasi
direkt hinter dem Schulbus, ebenfalls losgeht. (Klar könnte ich beide Missen
fahren, aber wenn’s die Grosse schon so gut hinbekommt, will ich sie nicht
zurückwerfen. Kopfschütteln ist erlaubt und kann ich verstehen.) Wir winken
unseren Guards, hoppeln über die Schwellen in unserer Strasse, biegen dann mit
viel Glück geschmeidig in eine der grossen Durchgangsstrassen ein und erreichen
bald die erste richtige Kreuzung. Hier beginnt der Kampf des Stärkeren, was
bedeutet, jeder drückt und rückt jeweils ein Stück weiter in Richtung Mitte bis
völlig verkeilt scheinbar nichts mehr geht und doch irgendwie irgendwann jeder
auf der hoffentlich angestrebten Spur fährt. Weiter geht’s in Richtung Stadtwald,
in der fast schon talartigen Sohle über die Brücke, vorbei an Blumen-,
Früchte-, Korb- und Allerleiverkäufer. Fussgänger säumen die Strasse und an
lebensmüden Velofahrern mangelt es ebenso wenig. Haben wir Pech, stiehlt sich
uns ein uralter Stinklastwagen vor die Nase, der vermutlich reines schwarzes
Gift aus dem Auspuff stösst und den ich trotz aller Angepasstheit nicht zu
überholen wage, was die Kolonne hinter mir in schiere Verzweiflung wirft und zu
waghalsigen Manövern verleitet. Ich ignoriere sie und lasse mich nicht aus der
Ruhe bringen, ganz nach dem empfohlenen Motto: always drive defensively.
Irgendwann wartet dann der unvermeidliche Stau. Je früher wir dran sind, umso
kürzer die Schlange, aber zuweilen reicht es nur noch für den Hintereingang der
Schule, so dass wir den Endspurt vorbei an Schwimmbecken, Tennisplätzen und
Sandbahn mit hängender Zunge und hüpfendem Schulranzen absolvieren.
Den Rückweg nehme ich
etwas entspannter, nur um das gleiche Spiel am Mittag zu wiederholen.
Alles in allem ein
Reaktionsprogramm der fortgeschrittenen Art.
Tutaonana
Eure African queen
Irène
Kommentare
Kommentar veröffentlichen