Happy Valley
Nannte man das Gebiet
zwischen Lake Naivasha, Laikipia Plateau, Nanyuki und Nyeri, am Fuss der
Aberdares im Rift Valley. Zwischen dem ersten und zweiten Weltkrieg liessen
sich in diesem angeblich glücklichen Tal die englischen Siedler nieder, die -
man kann sie vielleicht vorsichtig ausgedrückt, aus der britischen Aristokratie
Gefallene nennen - in Kenya nun machten, worauf sie gerade Lust verspürten. Oder
anders ausgedrückt, die Gegend in einen Spielplatz aristokratischer Flüchtlinge
jeder Sorte verwandelten. Gerüchte erzählen von endlosen Orgien mit Alkohol,
Drogenexperimenten und vor allem wechselnden Sexualpartnern. Bis in Amerika und
Grossbritannien schliesslich die Frage zirkulierte: Bist du verheiratet oder
lebst du in Kenya?
Das Zentrum dieser
frivolen ‚Szene’ war the Clouds, ein
Farmhaus auf Mount Kipipiri gebaut von Lady Idina Sackville, die ihre Nachnamen
mit den Ehemännern austauschte, was insgesamt 5 waren. Den ersten Abend einer
Einladung in the Clouds kann man sich
in etwa so verstellen:
Wenn die Gäste nach
einer anstrengenden Reise auf dem Gut ankamen, erfrischten sie sich zuerst in
ihren Räumen – überflüssig zu erwähnen, dass jedes Schlafzimmer sein eigenes
Badezimmer hatte, was ja heute noch so
ist, und das Gepäck von devoten Angestellten ausgepackt wurde - um dann auf dem
Kissen im Bett einen Seidenpyjama und eine Flasche Whisky zu finden. Die Abende
begannen mit Cocktails, die in einer Höhe von über 2000 Metern rasch spürbar wurden
und die Hemmungen grad gleichzeitig fallen liessen. Nach opulenten französischen
Mahlzeiten traf man sich anschliessend im Kaminzimmer, wo die Gastgeberin in
ein Kikoy gekleidet vor dem flackernden Feuer stand, und mit den Spielen
begann. Harmlos genug mit irgendwelchen word
games. Es wurde mehr getrunken, ein bisschen gesungen, geschauspielert,
getanzt, bis man zum Höhepunkt, dem Spiel um den Partner für die Nacht, kam.
Alle Schlafzimmer waren abgeschlossen, jeder Gast besass einen Schlüssel und
für jeden Raum gab es noch einen Schlüssel, die auf einem Tisch ausgebreitet
lagen, und nun mit dem Drehen einer Karte, dem Blasen einer Feder ausgelost
wurden. Und man somit den Gespielen für die Nacht gewann. Dass Eifersucht,
Liebeleien, Sadismus, Affären und Intrigen eine logische Folge dieser
Freizügigkeiten war, dürfte wenig überraschen.
Ebenso wenig wie das
Ende des Happy Valleys, das in diversen Suiziden und dem bis heute ungelösten
Mordfall an Lord Eroll gipfelte, was wohl berechtigte Zweifel am Glück der
Menschen im glücklichen Tal aufkommen lässt und ein Happy End definitiv ausschliesst, heute jedoch recht amüsant zu
lesen ist.
Tutaonana
Eure African queen
Irène
Literatur zum Thema:
White Mischief, James Fox
The Bolter, Frances Osborne
Ps. Und da wir gerade
beim Thema ungelöste Mordfälle sind: am Montag erscheint mein dritter Krimi... Schussbereit, Irène Mürner
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