Bruder, Schwester, Mama - wie wir in Kenia angesprochen werden
Ich spaziere durch
den Maasai market und von rechts und
links schallt’s: „Sister, looking is for
free!“ – „Mama, have a look at my
things!“ Eigentlich habe ich mich ja daran gewöhnt, in Kenia entweder eine
Schwester oder eine Mutter zu sein. Dass mich Emma, entgegen meines
Zivilstandes, immer als miss
bezeichnet, finde ich ganz sympathisch, vielleicht fühle ich mich als
‚Fräulein’ ein bisschen jünger? Etwas andere Gefühle weckt das hier übliche mama. Für mich, als Mitteleuropäerin ist
das gewöhnungsbedürftig, denn in erster Linie sehe ich mich als Frau und erst
dann als Mutter. In Kenia wird eine Frau aber grundsätzlich als Mama gesehen.
Ob sie nun Kinder hat oder nicht. Kennt man den Namen des ältesten Kindes, so
wird sie zu dessen Mama. In Emmas Fall: Mama
Susan. Im Grunde klingt das ja ganz nett, dennoch werden wir als Frauen
sozusagen zu einem Nichts, wichtig sind allein unsere Kinder.
Etwas anders liegt
der Fall bei den Männern. Der Richtige zum Beispiel ist der bwana, der Mann. Oder, wenn man sich gut
kennt, wie das bei der Arbeit der Fall ist, dann wird er zum Bruder. Mit habari kaka?, wird er am Morgen
begrüsst. Wie geht’s Bruder? Obwohl kaka
eigentlich die Bezeichnung für einen leiblichen Bruder ist. Daneben nennt man
ihn auch ndugu, was ebenfalls Bruder
bedeutet, aber eben ohne Blutsverwandtschaft. Von Untergebenen
wird er gern Grosser, mkubwa, genannt
(was nichts mit seiner körperlichen Grösse zu tun hat, sondern den Chef markiert)
ins Gleiche geht der Starke, mzito,
wie ihn die Guards zuweilen nennen.
Unschwer zu erkennen,
welche Prioritäten in Kenia gelten.
Ich kann gut ein paar
Jahre als Mama und Schwester leben, selbst wenn mein Selbstverständnis anders
geprägt wurde. (Und manchmal frage ich mich, ob es so viel besser ist, wenn man
sich über den Beruf definiert, wie das bei uns meist der Fall ist.)
Bitter könnte es hier
dann werden, wenn man keine Kinder hat. Und eine Mama Zero genannt wird.
Tutaonana
Eure African queen
Irène
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