Lake Turkana - vergessenes Paradies?



Abgedroschen oder nicht, mir ist es hier ohnehin viel zu heiss. Sobald das Thermometer über 35° Celsius klettert, werde ich zur halbtoten Fliege, fast völlig unbrauchbar und frage mich, was ich hier eigentlich verloren habe. An einem Ort, wo wir die Flipflops tagsüber nur anziehen, weil wir uns im Sand sonst die blossen Füsse verbrennen. Einem Ort, wo es nach trockenem Holz und herben Palmblättern riecht, was mich einigermassen erstaunlicherweise an eine finnische Sauna erinnert. Einem Ort, wo die jungen Krokodile an Land geschwemmt werden und einem Ort, der so schwierig zu erreichen ist, dass er nur im bewachten Convoy gefahren werden darf. Weswegen wir in 1.20 Flugstunden von Nairobi nach Lodwar gelangten und schon aus der Luft erkennen konnten, wie die Gegend trockener und es der menschlichen Behausungen weniger wurden. Der Wind blies uns morgens um 8.00 Uhr warm entgegen, als wir den blechernen Vogel verliessen und von Silvester in Empfang genommen wurden, der uns in weiteren zwei Stunden nach Eliye Springs an den Lake Turkana brachte. Zwei Stunden, in welchen das Quecksilber unaufhörlich stieg, in denen es ausser Staub, trockener Erde, Büschen, Eseln und Kamelen nicht viel zu entdecken gab und in welchen allmählich Zweifel aufkamen, ob sich das jemals ändern würde. 
Bis der Staub immer mehr zum Sand wurde, aus den Büschen plötzlich Palmen wuchsen und in der Ferne diese blauglitzrige Fläche auftauchte, ganz wie eine Fata Morgana. Und diese Oase sich gar zu einer Idylle mauserte, wo morgens der Wind über den See fegt, die Palmblätter wie Finger auf dem Klavier ihre Melodie in den Himmel rascheln, die Sonne den Horizont glutrot färbt und später die Welt in Pastell taucht, die Wellen ans Ufer donnern, die Zicklein nach ihren Mamas rufen und ich das alles von meinem Bett in der offenen Boma aus sehe und höre. Und damit endgültig weiss, dass ich hier nichts verloren, aber mit Sicherheit etwas gefunden habe. Einen Ort nämlich, wie es ihn nicht mehr oft auf dieser Erde gibt, geschweige denn in meinem Leben. Entrückt, unaufgeregt und abgeschieden, ruhig und ja, vielleicht ein bisschen vergessen, wo, die Nachmittagsstunden im Schatten dahingedöst, einem alles andere unwichtig erscheint.
Tutaonana
Eure African queen
Irène



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