Wann wird man zum Freund?
„This is my good
friend, Irene.“ Sabna stellt mich ihrem Mann vor. Nun, ich war mit Sabna einmal
zu einem gemeinsamen Mittagessen eingeladen, bin ihr danach ein paar Mal
zufällig über den Weg gelaufen und wir haben einige zwanglose Worte gewechselt.
Sind wir damit schon gute Freunde? Ich freue mich über die introduction und fühle mich sogar ein bisschen geschmeichelt.
Dennoch tue ich mich selber schwer damit, Leute, die ich kaum kenne, als Freunde zu
bezeichnen. Ist das eine Schweizer Eigenschaft, oder bin das einfach ich? Die
wenigen Menschen, die ich als Freunde bezeichne, kenne ich seit vielen Jahren,
wir haben Höhen und Tiefen gemeinsam ausgestanden, begleiten uns und teilen auch
Intimes, was mir mit Leuten, die ich erst zwei-, dreimal getroffen habe, kaum
einfällt. Geht es nur um den Begriff oder fühlen sich andere einfach schneller
befreundet? Zweifellos haben wir hier schon viele, viele Bekannte, und ich
schliesse nicht aus, dass daraus anhaltende Freundschaften entstehen können,
halte es aber für wahrscheinlicher, dass sich die Begegnungen wieder auflösen,
wenn die erste Partie das Land verlässt. Also Freundschaften auf Zeit. Abschiede gehören zum Alltag und daran mag es liegen, dass man ein bekanntes
Gesicht rasch als Freund bezeichnet, selbst, wenn man weder Einstellungen,
Vorlieben noch Familie kennt, geschweige denn teilt.
Wir werden oft eingeladen
und revanchieren uns natürlich dementsprechend. Es sind Dänen, Holländer,
Deutsche, Briten, Schweizer, Kanadier, Südafrikaner, Asiaten, indisch stämmige
Kenianer und einige wenige ‚echte’ Kenianer, die in unseren näheren Kreis
gehören. Und damit zeigt sich ganz offensichtlich, in welcher Umgebung wir uns
aufhalten. Durch die Schule und die Nachbarschaft kennen wir wenig Einheimische
und abgesehen vom Richtigen, der sie bei der Arbeit trifft und unseren
Angestellten, bleiben sie die Ausnahme.
Nun, unsere
Verbindungen sind spannend genug. Europäer, die für die UN, EU, Botschaften,
Caritas und andere NGOs, oder als Journalisten, Professoren und Künstler
arbeiten, erlebe ich als interessant und oft bereichernd. Dennoch kennen auch
sie Kenia nur als Ausländer, was zwar zu uns passt und wodurch wir uns gut
verstehen - schlagen wir uns doch mit denselben Problemen rum und freuen uns an
den gleichen Überraschungen - ob uns unser Gastland dadurch allerdings näher
kommt, bleibt die berechtigte Frage.
Tutaonana
Eure African queen
Irène
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